11. Januar 2014

Unterwegs in Peking: Kulturschock China

Ab dem Moment, als wir aus dem Flughafengebäude in Peking hinaustreten, ist die Welt nicht mehr dieselbe. Schriftzeichen weisen uns den Weg und wir scheinen die einzigen Europäer weit und breit zu sein. Der Himmel wirkt grau und trüb, als würde ein Dunstschleier über der Stadt liegen. Der Smog ist in vielen chinesischen Metropolen ein Problem, dennoch kann man sich davon erst ein Bild machen, wenn man es mit eigenen Augen sieht. Von nun an werden wir für die nächsten zwei Wochen zum Glück nicht nur von unseren deutschen Chinesischlehrern begleitet, sondern noch von einem chinesischen Busfahrer und zwei Reiseführern.


Müde, aber aufgeregt nehmen wir in unserem Reisebus platz und schon geht die Fahrt in unser großes Abenteuer los. Die Straßen sind gesäumt von heruntergekommenen, grauen Hochhäusern und unlesbare, vollgeschriebene Straßenschilder ziehen an uns vorüber. Je mehr wir uns dem Zentrum näheren desto langsamer kommen wir voran - bis der Bus schließlich völlig zum Stillstand kommt: Stau auf der Autobahn. Schon nach kurzer Zeit beginnen die Autos um uns herum sich anzuhupen. Das scheint in China wohl eine normale Reaktion auf Stau zu sein...


Als wir schließlich in der Nähe unseres Hotels aussteigen, werde ich von einer ganzen Flut an neuen Eindrücken überwältigt. Die Straßen sind voll und über die dreckigen Fußgängerwege schieben sich Menschenmassen. Unser Hotel liegt in einem typisch chinesischen Viertel, ganz in der Nähe des Platzes des himmlischen Friedens. Unser Weg zum Hotel führt uns durch einige staubige, kleine Seitenstraßen, deren Hauswände mit bunten Schildern und großen Leuchtschrifttafeln zugepflastert sind. Die Stromleitungen zwischen den Strommasten bilden ein wirres Netz über unseren Köpfen. Die Straße wird von heruntergekommenen und schäbig aussehenden Geschäften gesäumt, Wäscheständer und Fahrräder stehen am Straßenrand und alle möglichen Artikel von T-Shirts und Kalligrafiesets über chinesische Fächer, Bilder und Kleider bis hin zu billigen Schuhen sind vor den Eingängen der Geschäfte ausgestellt. Aus den Imbissbuden am Straßenrand dringen die durchdringenden Gerüche chinesischer Gewürze und Speisen und ein Blick durch ihre Fenster offenbart häufig den Blick auf mehrere tote Hühner, die gerupft an einer Leine hängen.

Unzählige neugierige Augenpaare starren uns an, während wir mit unserem Gepäck die Straße hinunter laufen. Menschen bleiben stehen oder schauen uns nach, als wären wir eine seltene Attraktion. Ein seltsames und ungewohntes Gefühl, an das ich mich erst einmal gewöhnen muss. Zwar habe ich bereits davon gehört, doch als schließlich ein Chinese am Straßenrand neben mir lautstark auf den Boden rotzt, bin ich trotzdem ziemlich... angewidert. Von nun an gehört dieses Geräusch jedoch zur alltäglichen Geräuschkulisse.


Als wir endlich am Hotel ankommen, erwartet uns bereits die nächste Überraschung. Sicherlich ist niemand von uns mit übertriebenen Erwartungen hierher gekommen, doch das sogenannte 3-Sterne-Hotel stellt sich - zumindest für europäische Verhältnisse - als ziemliche Bruchbude heraus. Für Chinesen scheint das allerdings der normale Hotelstandard zu sein. Als meine Freundin und ich unser Zimmer für die nächsten zwei Wochen betreten, schlägt uns ein unangenehm modriger Geruch entgegen. Die Wände und der Teppichboden sind fleckig und direkt neben der Zimmertür wächst tatsächlich eine kleine Pflanze durch den Teppich. Ich will lieber gar nicht nachsehen, was sich unter den Betten verbirgt. Eins steht fest: Ohne Schuhe werde ich hier niemals herumlaufen. Das Bad ist einfach gehalten: Es gibt einen kleinen Duschkopf an der Wand neben der Toilette und einen Abfluss im Boden, allerdings keine Duschkabine. Später stellt sich heraus, dass beim Duschen das ganze Bad nass gespritzt wird und unser Abfluss außerdem auf einer kleinen Anhebung liegt, sodass das Wasser nicht abfließt und unser Bad unter Wasser gesetzt wird. Wir müssen dementsprechend jedes Mal nach dem Duschen ein Zimmermädchen holen, damit sie das Wasser aufwischen kann.


Ein Blick aus dem Fenster offenbart den Blick auf eine schäbige, schmale Seitenstraße. Ein richtig chinesisches Viertel eben. Aus dem Hotelflur dringen aufgeregte Stimmen zu uns hinein. Offenbar haben wir nicht das schlechteste Zimmer erwischt: von Schimmel an den Wänden über penetranten Zigarettengeruch bis hin zu lauten Zimmernachbarn ist alles bei unseren Mitschülern vertreten. Während wir aufgebracht durcheinanderreden, reinigt ein Zimmermädchen mit einem Wischmopp, der durchdringend nach Jasmin riecht, den Teppichboden im Gang. Von Staubsaugern hat man hier offensichtlich auch noch nicht gehört.

Eigentlich ist meine Toleranzgrenze für diesen Tag bereits ausgereizt, doch nachts wache ich auf, weil ich meine Freundin im Bad fluchen höre. Ein gedämpftes, aber stetiges Plätschern dringt an meine Ohren. Schlaftrunken taumle ich ins Bad und muss feststellen, dass ein funktionierender Abfluss tatsächlich ganz nützlich gewesen wäre, denn unsere Toilette hat sich in einen Springbrunnen verwandelt. Offensichtlich ist sie verstopft, jedenfalls steht das Wasser bis zum Rand der Kloschlüssel und ergießt sich gemächlich über unseren Badezimmerboden. Willkommen in China.


Beim nächsten Mal erfahrt ihr mehr über chinesisches Essen und meine ersten Erfahrungen mit Chinesen!

19 Kommentare:

  1. Wow...Kulturschock pur.=) Und diese ganzen losen Oberleitungen auf den Bildern...oh mein Gott.^^

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  2. ohje, das mit der Toilette hört sich ja richtig stressig an! Freunde von mir waren auch schon in China und waren nicht sehr begeistert, weil eben alles so dreckig war! Ich will trotzdem irgendwann auch mal nach China um mir meinen eigenen Eindruck davon zu machen:)

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    1. Ja, soweit ich mich erinnere wurde die dann aber nach einiger Zeit repariert...
      Also ich muss auch sagen, dass China schon oft sehr dreckig und heruntergekommen gewirkt hat, aber ich fand es trotzdem richtig toll! China ist so ein interessantes Land mit einer spannenden Kultur und ich würde auf jeden Fall gerne nochmal hin :)

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  3. Oh nein, in Prag hatten wir auch so "Glück" mit dem 3-Sterne-Hostel :D
    Aber ich denke, das üerlebt man schon und die ganzen Eindrücke haben das sicher wieder wett gemacht :)

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  4. Das mit dem Kulturschock und der Sinnesüberflutung kann ich mir gut vorstellen! Man ist halt einfach doch anderes gewohnt ;) Ich finde es aber auch toll, eibfach mal so kopfüber für einpaar Wochen in einer Kultur "reingeschmissen" zu werden und dann halt versuchen zu müssen, wie man sich am besten anpasst oder zumindest damit arrangiert :D

    Liebe Grüße,
    Malika

    alislittleworld.blogspot.com

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  5. Wow...wirklich interessant! Ich bin gespannt, was du noch so zu berichten hast. Das mit dem Kulturschock kenne ich, wenn auch nicht so krass wie du es in China erlebt hast. Die Bilder sind sehr eindrucksvoll und geben einen ersten Eindruck.
    Liebe Grüße

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  6. als ich 15 war, war ich 3 Monate in shanghai und solche erlebenisse mit der toilette hatten wir auch, nicht nur einmal. und man muss sich wirklich erst einmal an das Klima und die Umgebung gewöhnen! Ich wünsche dir noch ganz viel Spaß und ich denke du wirst noch weitere Eindrücke gewinnen, vorallem auch Gerüche :)

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  7. Oh wow, das ist ja mal richtig krass. Ich glaube ich hätte es keine Stunde in dem Hotel ausgehalten :D Nach so einem Schock kanns doch nur noch besser werden ;)
    Die Bilder sind sehr schön geworden :)
    Noch viel Spaß in China ^^

    xx Alina
    Auf meinem Blog läuft zur Zeit eine Blogvorstellung :)
    www.the-little-diamonds.blogspot.de

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  8. wow was für ein Kulturschock. Ich hoffe es wird besser nach diesem Schock im Badezimmer und du kannst noch viele schöne Eindrücke sammeln.
    Liebe Grüße
    Armida

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  9. ich habe es in peking mehr als 6 monate ausgehalten :D als ich deinen artikel las, musste ich sehr schmunzeln, da es mir anfangs genauso ging! glücklicherweise waren unsere räumlichkeiten etwas besser und sauberer ausgestattet. ich musste mich aber dran gewöhnen, dass einfach so leute unsere wohnung betraten, während wir arbeiten waren, oder die zimmermädchen unsere schokolade fütterten und uns die leere packung hinterließen :) ans spucken und schmatzen konnte ich mich nie gewöhnen... dennoch hat es mir dort sehr gut gefallen, es war einfach etwas komplett anderes als alles was ich bisher kannte.

    weißt du vielleicht, was das schild mit dem auto und der explosion auf dem dach zu bedeuten hat? wir konnten es leider nie rausfinden...

    insgesamt ein super eindruck und tolle bilder!
    mari

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    1. Haha, nein leider nicht :D Vielleicht, dass man nicht mit brennenden Autos durch die Stadt fahren soll? :D Mir hat China auch sehr gut gefallen, aber am Anfang ist es echt eine ziemliche Umstellung ;)

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  10. Oh je, da ist man kaum angekommen und schon geht das Abenteuer los. Man muss bestimmt sehr schmerzbefreit sein, wenn man nach China reist.

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  11. Wow ich war echt lange nicht mehr im Internet unterwegs, sehr schön dein neues Layout! Hast du das schon lange? :)
    Dein Bericht ist so spannend! EIne Pflanze durch den Teppich?? Das ist schon echt hart! Hätte ehrlich gesagt nicht vermutet, dass das dort SO schlimm ist.. Aber solche Abenteuer sind ja eigentlich immer wieder schön! :)

    Liebe Grüße, Anna

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    1. Das Layout habe ich etwa seit Ende letzten Jahres :)

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  12. Leider komme ich momentan viel zu selten dazu, Blogs zu lesen, wenn ich es dann aber schaffe, freue ich mich immer ueber deine tollen Eintraege. Und Reiseberichte finde ich sowieso super ;)
    Die liebsten Gruesse aus sunny Nelson :)

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  13. Wow da wird man ja richtig neidisch! :)
    LG Jana
    http://letztendlichliebe.blogspot.de/

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  14. Ich rede mich Vorrednern an - Kulturschock pur, uhh! Das sind auch so die Seiten, die mich an China nicht so reizen.. zumindest ist Asien einfach an sich eher der Teil des Planeten, der mich weniger zum Bereisen reizt als andere Ecken der Welt. Nicht so sehr wie zB weite Landschaften, was mich vor allem an deinem Blog fasziniert - bin schon fleißig am Post nachsehen! Island hat mich ja bereits ein paar Tage verzaubert, aber was du alles durch deinen Aufenthalt so erleben und sehen konntest.. Beneidenswert!

    Dennoch hast du die Eindrücke toll festhalten können und vor allem ist der Post fantastisch geschrieben. Macht so Spaß zu lesen! Bin gespannt auf weitere :)

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  15. Klingt spannend bei dir - ich reise gern in andere Länder, schnuppere in fremde Kulturen hinein und bin daher froh, über bikelovin auch auf deinen Blog gestoßen zu sein!

    Ganz liebe Rostrosengrüße und einen schöne neue Woche!
    Traude
    ✿ܓ✿ܓ✿ܓ✿ܓ✿ܓ✿ܓ

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  16. Dass eure Toilette verstopft war... ihr habt doch nicht etwa den Fehler gemacht und habt Toilettenpapier dort reingeworfen? Macht man doch nicht hier. :D Bin ich froh, dass ich noch in keiner typisch chinesischen Behausung übernachten musste. O_o

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